4. Juli 2025
Künstliche Intelligenz (KI) hält Einzug in immer mehr Betriebe, auch im Bereich des Arbeitsschutzes. Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) hat jüngst betont, dass Unternehmen ihre Gefährdungsbeurteilungen an die neuen KI-gestützten Technologien anpassen sollten. In Fachkreisen wird intensiv darüber diskutiert, wie KI-basierte Assistenzsysteme Arbeitsschutz und -sicherheit verbessern können – und wo neue Gefahren, insbesondere psychische Belastungen, entstehen.
Chancen: Prävention und Unterstützung durch KI
KI-Systeme bieten eine Reihe von Möglichkeiten, den Arbeits- und Gesundheitsschutz zu stärken. Richtig eingesetzt können sie Gefährdungen früher erkennen und Beschäftigte entlasten:
- Unfallprävention durch Predictive Analytics: KI analysiert in Echtzeit große Datenmengen von Sensoren (z. B. Maschinendaten, Kameras, Drohnen) und erkennt darin Muster, die auf Unfallgefahren hindeuten. So können potenzielle Gefährdungsszenarien vorhergesagt und Unfälle proaktiv verhindert werden.
- Automatisierte Überwachung von Schutzmaßnahmen: KI-Assistenzsysteme können überprüfen, ob Sicherheitsregeln eingehalten werden, z.B. das Tragen von PSA oder die Einhaltung von Sicherheitsabständen.
- Entlastung bei gefährlichen oder monotonen Aufgaben: KI und Robotik können Mitarbeiter von unfallträchtigen, schweren oder repetitiven Tätigkeiten entbinden. Gleichzeitig ermöglichen kognitive Assistenzsysteme, dass Beschäftigte über ihre aktuelle Beanspruchung informiert werden und ihr Gesundheitsverhalten entsprechend anpassen.
Fazit der Chancen: Insgesamt kann KI – vom intelligenten Sensor bis zum lernenden Assistenzroboter – den Arbeitsschutz in vielen Bereichen unterstützen. Sie hilft, Gefahren früher zu erkennen, Arbeitsbedingungen individuell anzupassen und Menschen von gefährlichen Routinearbeiten zu entlasten. Diese Potenziale lassen sich jedoch nur ausschöpfen, wenn KI-Systeme menschengerecht gestaltet sind und sinnvoll in die Arbeitsprozesse integriert werden.
Risiken: Neue Gefährdungen und psychische Belastungen
Den großen Chancen stehen auch Risiken gegenüber. Die BAuA und Arbeitsschützer weisen darauf hin, dass KI-Einsatz neue oder verstärkte Belastungen für Beschäftigte mit sich bringen kann, insbesondere psychosoziale Gefährdungen:
- Erhöhter Arbeitsdruck und Überwachung: KI kann die Arbeitsintensität steigern, wenn Algorithmen ein höheres Arbeitstempo vorgeben oder Leistung kontinuierlich messen. Beschäftigte fühlen sich womöglich dauerhaft überwacht, was Stress und Angst auslösen kann.
- Intransparenz und Kontrollverlust: Viele KI-Modelle agieren wie eine „Black Box“. Wenn Entscheidungen nicht nachvollziehbar sind, fühlen sich Mitarbeiter entmündigt. Frustration und Misstrauen gegenüber dem System können die Folge sein.
- Technikabhängigkeit und Qualifikationsverlust: Verlassen sich Betriebe stark auf KI, steigt die Abhängigkeit von der Technik. Gleichzeitig kann die Automatisierung dazu führen, dass Beschäftigte seltener anspruchsvolle Tätigkeiten ausüben und ihre Fertigkeiten verkümmern.
- Soziale Isolation und Akzeptanzprobleme: KI-basierte Assistenzsysteme können die direkte Rücksprache mit Kollegen vermindern und soziale Isolation fördern, was die psychische Gesundheit beeinträchtigen kann.
All dies zeigt: Neben klassischen physischen Gefährdungen treten bei KI-Einsatz verstärkt psychische Belastungen auf, die es bei der Einführung neuer Systeme zu berücksichtigen gilt.
Gefährdungsbeurteilungen an KI-Einsatz anpassen
Angesichts dieser gemischten Bilanz empfehlen Experten, die Gefährdungsbeurteilung beim Einsatz von KI gezielt zu erweitern. Die Gefährdungsbeurteilung ist das zentrale Instrument im Arbeitsschutz, um alle Gefahren – physisch und psychisch – systematisch zu ermitteln und Schutzmaßnahmen abzuleiten.
Bei Einführung einer KI-Anwendung im Betrieb sollte daher geprüft werden, wie sich diese auf Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten auswirkt. Dazu gehört, technische Risiken der KI im Vorfeld einzuschätzen, aber auch die psychosozialen Auswirkungen wie Stress und Überwachungsempfinden der Mitarbeiter zu berücksichtigen.
Für Betriebsräte und Verantwortliche bedeutet das, frühzeitig Fragen zu stellen: Wurden die Mitarbeiter ausreichend geschult? Gibt es transparente Regeln für den KI-Einsatz und den Datenschutz? Sind Ansprechpersonen vorhanden, falls es Probleme mit dem System gibt?
Solche Vorkehrungen können dazu beitragen, dass KI-basierte Assistenzsysteme menschengerecht gestaltet sind. Dann überwiegen die positiven Effekte: KI kann zu einem wertvollen Helfer im Arbeitsschutz werden – ohne die Sicherheit oder Gesundheit der Menschen zu gefährden.
Fazit
KI-basierte Assistenzsysteme bieten erhebliche Chancen für die Unfallprävention und Gesundheitsförderung, erfordern aber eine kritische Begleitung. Durch angepasste Gefährdungsbeurteilungen und offene Kommunikation können Betriebe die Vorteile der KI nutzen und zugleich neue Risiken im Blick behalten. Letztlich gilt es, den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen – damit KI im Arbeitsschutz ein Werkzeug bleibt, das den Beschäftigten dient, statt sie zu belasten.

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