Krank sein und dafĂŒr bestraft werden? Ernsthaft?
AnwesenheitsprĂ€mien â das klingt im ersten Moment nach einer cleveren Idee. Wer selten fehlt, bekommt einen Bonus, entweder direkt aufs Konto oder als Gutschein. Doch hinter dieser vermeintlich smarten MaĂnahme steckt ein Konzept, das in die Mottenkiste der Personalpolitik gehört. Warum? Weil AnwesenheitsprĂ€mien mehr Probleme verursachen, als sie lösen. In diesem Beitrag erfĂ€hren Sie, warum diese PrĂ€mien nicht nur unfair, sondern auch rechtlich heikel sind â und was Unternehmen stattdessen tun sollten.
đ Kurz gesagt:
â AnwesenheitsprĂ€mien schĂŒren Misstrauen.
â Sie fördern PrĂ€sentismus â also krank zur Arbeit schleppen.
â Sie benachteiligen chronisch Kranke und schwerbehinderte BeschĂ€ftigte.
â
Besser: Betriebliche Gesundheitsförderung & eine moderne, vertrauensbasierte Arbeitskultur.
Was genau sind AnwesenheitsprĂ€mien? đŻ
Kurz erklĂ€rt: Wer selten oder gar nicht krank ist, bekommt eine finanzielle Belohnung â etwa einen monatlichen Bonus oder am Jahresende eine Sonderzahlung. Manchmal gibt es statt Geld auch Gutscheine fĂŒr den Elektronikmarkt oder die ParfĂŒmerie.
Das Ziel? Fehlzeiten reduzieren. Die Logik dahinter: Geld motiviert. Wer sich einen netten Bonus sichern will, bleibt gesund oder schleppt sich zumindest zur Arbeit. Klingt effizient â ist es aber nicht.
đ Misstrauen statt Motivation: Warum AnwesenheitsprĂ€mien dem Team schaden
AnwesenheitsprĂ€mien senden eine klare Botschaft: Wer fehlt, ist verdĂ€chtig. Dahinter steckt ein negatives Menschenbild. Mitarbeitende werden implizit unter Generalverdacht gestellt, ihre Fehlzeiten lieĂen sich eigentlich vermeiden â wenn sie sich nur ein bisschen mehr zusammenreiĂen wĂŒrden.
Das erzeugt eine Kultur des Misstrauens, die Kolleg:innen gegeneinander ausspielt. Wer öfter krank ist, wird schief angeschaut. Wer trotz ErkĂ€ltung zur Arbeit kommt, wird gefeiert â dabei sollte genau das kein Vorbildverhalten sein.
đ„ PrĂ€sentismus: Krank arbeiten â mit Ansage
Besonders toxisch wird es, wenn Unternehmen auf TeamprĂ€mien setzen: Das ganze Team bekommt die PrĂ€mie nur, wenn alle âgesundâ bleiben. Die Folge? Gruppendruck pur. Wer krank ist, fĂŒhlt sich nicht nur selbst schlecht, sondern wird auch noch zum SĂŒndenbock. Viele schleppen sich deshalb krank zur Arbeit, stecken Kolleg:innen an und verlĂ€ngern so die Krankheitswellen.
Ironie des Systems: Genau das, was man verhindern wollte â hohe Fehlzeiten â wird durch PrĂ€sentismus und Kettenreaktionen eher verstĂ€rkt.
âïž Rechtlich fragwĂŒrdig: Mittelbare Diskriminierung
Aus arbeitsrechtlicher Sicht wird es ebenfalls heikel. Denn AnwesenheitsprĂ€mien benachteiligen systematisch BeschĂ€ftigte mit chronischen Erkrankungen oder Schwerbehinderung. Diese Gruppen haben nachweislich eine höhere Krankheitsquote â und werden durch die PrĂ€mienregelung faktisch bestraft. Das kann als mittelbare Diskriminierung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) gewertet werden.
Ăberspitzt gesagt: Wer aufgrund einer anerkannten Schwerbehinderung hĂ€ufiger fehlt, wird doppelt bestraft â durch die Krankheit selbst und durch die entgangene PrĂ€mie. Das ist rechtlich Ă€uĂerst angreifbar.
đââïž Gesundheitskultur statt PrĂ€senzkultur
Statt Misstrauen und Fehlzeiten-Boni braucht es in modernen Unternehmen etwas ganz anderes: eine echte Gesundheitskultur. Was das bedeutet? Ganz einfach:
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Betriebliche Gesundheitsförderung (BGM): PrÀventionskurse, Fitnessangebote, psychische Gesundheitsprogramme.
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FlexibilitÀt statt Druck: Homeoffice-Optionen, flexible Arbeitszeiten und echte Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben.
â
Offene Kommunikation: Wer krank ist, sollte sich trauen, das offen anzusprechen â ohne Angst vor Stigmatisierung oder finanziellen EinbuĂen.
Unternehmen, die diese prĂ€ventive Gesundheitsstrategie fahren, haben langfristig nicht nur weniger KrankenstĂ€nde, sondern auch zufriedenere, loyalere Teams. Denn Gesundheitskultur bedeutet: Wir kĂŒmmern uns um euch â nicht erst, wenn ihr ausfallt.
đ Fazit: Weg mit dem PrĂ€mien-Relikt â her mit moderner Gesundheitskultur!
AnwesenheitsprÀmien gehören in die Kategorie: Gut gemeint, aber schlecht gemacht. Sie lösen keine Probleme, sondern erzeugen neue: Misstrauen, PrÀsentismus, Teamstress und rechtliche Risiken.
Die bessere Alternative? Gesundheitsförderung statt AnwesenheitsprÀmie. Unternehmen, die Gesundheit als echte Kulturaufgabe begreifen, profitieren doppelt: von zufriedeneren Mitarbeitenden und nachhaltig sinkenden Fehlzeiten.
đŹ Und jetzt Sie! Was denken Sie?
Sind AnwesenheitsprĂ€mien wirklich ein Relikt aus der Personal-Steinzeit â oder gibt es Kontexte, in denen sie sinnvoll sind? Ich bin gespannt auf Ihre Meinungen! đŹ
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In puncto gesunder Arbeitskultur bin ich deutschlandweit, insbesondere in Baden-WĂŒrttemberg tĂ€tig, vor allem aber in den Orten Dornhan, Rottweil, Horb am Neckar, Villingen-Schwenningen, Nagold, Oberndorf am Neckar, Altensteig, Sulz am Neckar, Schramberg, Dunningen, Eutingen im GĂ€u, Empfingen, Fluorn-Winzeln, Waldachtal, Starzach, Pfalzgrafenweiler, Balingen, Haigerloch, Bondorf, Mössingen, Trossingen.