Was ist das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM)? Teil 1

Was ist das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM)? Teil 1

Ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (kurz: BEM) muss der Arbeitgeber für Mitarbeiter anbieten, die über einen längeren Zeitraum arbeitsunfähig erkrankt sind.

Beim BEM handelt es sich nicht um ein einmaliges Gespräch, sondern um ein ergebnisoffenes Verfahren.

Dessen Ziel ist es, Arbeitsunfähigkeit zu überwinden, erneuter Arbeitsunfähigkeit vorzubeugen und den Arbeitsplatz des betroffenen Beschäftigten zu erhalten.

Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Durchführung eines BEM ist seit Mai 2004 im Sozialgesetzbuch IX (kurz: SGB IX) geregelt. Dennoch ist dieses Verfahren vor allem in vielen kleinen Unternehmen noch Neuland, obwohl die Durchführung in § 167 Abs. 2 SGB IX für alle privaten und öffentlichen Arbeitgeber unabhängig von der Anzahl der Beschäftigten zwingend vorgeschrieben ist.

 

1. Arbeitsunfähigkeit von mehr als sechs Wochen

Sind Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig (mehr als 30 Krankheitstage bei einer Fünf-Tage-Woche), dann ist der Arbeitgeber verpflichtet, dem betroffenen Mitarbeiter die Durchführung eines BEM anzubieten. Maßgeblich ist damit nicht das jeweilige Kalenderjahr, sondern der Zeitraum der letzten 12 Monate. Da sich dieser Referenzzeitraum tagtäglich verschiebt, ist es gerade für Kleinbetriebe ohne EDV-gestütztes Personalinformationssystem schwierig, die relevanten Arbeitsunfähigkeitszeiten korrekt zu erfassen.

Es zählen sämtliche Arbeitsunfähigkeitstage, auch wenn die Mitarbeiter eventuell erst nach Ablauf des dritten Kalendertages eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen müssen. Außerdem ist es unerheblich, ob jeweils dieselbe Erkrankung oder verschiedene Krankheitsursachen vorliegen; denn die Berücksichtigung der Gründe für die krankheitsbedingten Fehlzeiten erfolgt erst im weiteren Verlauf des BEM. Ob die Arbeitsunfähigkeit mit der ausgeübten Tätigkeit zusammenhängt, spielt keine Rolle, d. h., auch nach einer Sportverletzung, die sich der Beschäftigte in seiner Freizeit zugezogen hat, greift die BEM-Verpflichtung gemäß § 167 Abs. 2 SGB IX.

Nach Überschreiten des Sechs-Wochen-Zeitraums muss der Unternehmer tätig werden; § 167 Abs. 2 SGB IX knüpft nicht an die gesunde Rückkehr der betroffenen Person an, da BEM kein Krankenrückkehrgespräch (s. u.) ist.

Zeiten der Arbeitsunfähigkeit sind seit Einführung des BEM keine Phasen der Passivität, sondern dienen der Suche nach Möglichkeiten zur Beseitigung der gesundheitlichen Störungen im Arbeitsverhältnis. Zeiten von längerer oder wiederholter Arbeitsunfähigkeit sollen nicht mehr ungenutzt verstreichen, sondern aktiv für eine Beseitigung der Ursachen der Arbeitsunfähigkeit, zur Anpassung der Beschäftigung an veränderte Leistungsfähigkeit und damit zur Sicherung der Beschäftigung (Vermeidung einer krankheitsbedingten Kündigung) genutzt werden.

Bereits beim Auftreten erster Anhaltspunkte, die auf gesundheitliche Probleme im Arbeitsverhältnis schließen lassen, soll mit allen betrieblichen und außerbetrieblichen Stellen eine Bestandsaufnahme gemacht, nach Möglichkeiten der Überwindung der gesundheitlichen Probleme gesucht und für eine Umsetzung gegebenenfalls unter Inanspruchnahme von Hilfen außerbetrieblicher Stellen gesorgt werden.

Der Beitrag wird zeitnah mit Teil 2 fortgesetzt.

 

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„Das Pech der Auster“ oder die sog. selektive Wahrnehmung

„Das Pech der Auster“ oder die sog. selektive Wahrnehmung

Eine Auster sah eine lose Perle, die in einen Felsspalt auf den Meeresgrund gefallen war. Mit großer Anstrengung gelang es ihr, die Perle aufzufischen. Sie legte die Perle neben sich auf ein Blatt. Die Auster wusste nämlich, dass Menschen nach Perlen suchen und dachte: Diese Perle wird ihnen auffallen. Sie werden sie nehmen und mich dafür in Ruhe lassen. Als ein Perlentaucher in die Nähe kam, waren seine Augen jedoch darauf trainiert, nach Austern zu suchen und nicht nach Perlen, die auf Blättern lagen. Also griff er nach der Auster, die nun zufällig keine Perle enthielt, und die echte Perle konnte in den Felsspalt zurückrollen.

Die Auster aus der Metapher wurde ein Opfer der “selektiven Wahrnehmung” des Tauchers. Selektive Wahrnehmung lenkt unsere Aufmerksamkeit auf eine Auswahl von Reizen, die im Gehirn verarbeitet werden. Der Mensch ist nicht fähig, alle einströmenden Reize zu verarbeiten.  Er wendet deshalb unbewusst Mechanismen an, um mit den Reizeinflüssen fertig zu werden. Dies bedeutet, dass der Mensch nicht in der Lage ist , die objektive Wirklichkeit wahrnehmen. Er betrachtet die Welt stets durch eine Art von Filtern. Diese Filter sind zum Beispiel Erfahrungen, Prägungen, Erwartungen, Stimmungen und Gefühle. Möglicherweise hat das Auge des Tauchers die Perle gesehen.  Aber nach der Erfahrung und Erwartung des Tauchers liegen Perlen nicht auf Blättern, sondern befinden sich innerhalb der Austern.

Der Mensch scheint nach den Erkenntnissen der sog. Konstruktivisten nicht in der Lage zu sein durch seine Sinne, die ihn umgebende Welt, die Wirklichkeit, abzubilden. Die Sinne „erfinden“ vielmehr, unabhängig von dem was sie wahrnehmen, ihre eigene Wirklichkeit: “Die Landkarte ist nicht das Gebiet.” (Alfred Korzybski).

Die obigen Gegebenheiten sind insbesondere für das Bearbeiten und Lösen von Konflikten im Rahmen der Mediation bedeutsam. Ein Konflikt scheint nämlich genau dann zu entstehen, wenn zwei oder mehrere Menschen behaupten, ihre Konstrukte, die ihnen ihre Sinne von der Wirklichkeit liefern, seien die Wirklichkeit oder seien zumindest wirklicher als die des anderen. Dieser Konflikt kann nicht dadurch gelöst werden, dass ein Mensch mit seinem Konstrukt obsiegt und das andere Konstrukt unterliegt. Eine Lösung des Konfliktes ist nur möglich, wenn beide Parteien freiwillig einem dritten Konstrukt zustimmen, das möglichst viel der beiden Konstrukte enthält.

Der wichtigste Schritt bei der Lösungsfindung scheint der Übergang von der Ebene der Standpunkte und Positionen auf die Ebene der Interessen zu sein. Denn, so man Albert Einstein Glauben schenken will, ein Problem nicht auf der gleichen Ebene gelöst werden kann, auf der es auftritt. Zudem ist es hilfreich, die Interessen, die sich hinter den Standpunkten und Positionen verbergen, zu erhellen. Nach Adrian Schweizer gibt es neun grundlegende Werte: Freiheit, Sicherheit, Anerkennung, Macht, Harmonie, Intensität, Glaubwürdigkeit, Fürsorge und Neugier.

Eine Lösung des Konfliktes ist dann denkbar, wenn es den Parteien gelingt Lösungen zu finden, die wohl nicht beide Standpunkte, wohl aber beide Interessen befriedigen.

Bei innerbetrieblichen Konflikten im Arbeitsalltag stehe ich als Wirtschaftsmediator zur Verfügung. Wenn Sie Fragen zum Thema “Wirtschaftsmediation” haben, kommen Sie einfach auf mich zu.

Bildnachweis: © FM2 – Fotolia.com

 

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Podcast Arbeitsrecht – Arbeitsfähigkeitscoaching® im BEM

Podcast Arbeitsrecht – Arbeitsfähigkeitscoaching® im BEM

Am 03.08.2022 haben wir den Podcast Arbeitsrecht gestartet.

Wir, das sind:

Thorsten Blaufelder Podcast Arbeitsrecht

Thorsten Blaufelder ist Rechtanwalt (seit 2002) und Fachanwalt für Arbeitsrecht (seit 2007) und berät Arbeitgeber, Betriebs-/Personalräte sowie Schwerbehindertenvertretungen.

Darüber hinaus vermittelt er als Wirtschaftsmediator und Business Coach bei innerbetrieblichen Konflikten im Arbeitsalltag. Als Referent liegen seine Schwerpunkte bei den Themen Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM), betrieblicher Arbeitsschutz und Konfliktmanagement.

Seit Juni 2021 ist er außerdem als zertifizierter Arbeitsfähigkeitscoach® tätig.

 

Jürgen Sauerborn ist Rechtsanwalt (seit 1999) sowie Fachanwalt für Arbeitsrecht (seit 2004) und Medizinrecht (seit 2006).

Als Inhaber der „Kanzlei für Arbeit, Gesundheit & Soziales“ berät und vertritt er Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in allen Fragen des Arbeitsrechts, des Schwerbehindertenrechts und des sonstigen Medizinischen Sozialrechts bundesweit.

 

Wir wollen unterhaltsam, kurzweilig und in leicht verständlicher Sprache über Wichtiges und Neues aus dem Arbeitsrecht und dem angrenzenden Sozialrecht informieren.

Die Rechtsanwälte und Fachanwälte für Arbeitsrecht Jürgen Sauerborn und Thorsten Blaufelder haben sich in vorherigen Folgen bereits mit dem Betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM) befasst. Herzstück des BEM-Prozesses ist die Analyse der Arbeitsfähigkeit der erkrankten Person. Ein bekanntes Modell zur Arbeitsfähigkeit stammt von dem finnischen Wissenschaftler Prof. Dr. Juhani Illmarinen. In dem Haus der Arbeitsfähigkeit bildet er die wesentlichen Einflussfaktoren auf die Arbeitsfähigkeit eines Menschen ab. Arbeitsfähigkeitscoach® Thorsten Blaufelder erläutert seinem Co-Host Jürgen Sauerborn in dieser Folge die einzelnen Stocke dieses Hauses (Gesundheit, Qualifizierung & Kompetenz, Werte & Einstellungen, Arbeitsbedingungen & Führung) und wie das Arbeitsfähigkeitscoaching® im BEM-Verfahren dazu beitragen kann, eine umfassende und ganzheitliche Betrachtung des Falls zu ermöglichen. Denn so steigt die Wahrscheinlichkeit, während des BEM die adäquaten Maßnahmen zu treffen, um eine erfolgreiche Wiedereingliederung zu erreichen.

 

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