Seit Jahren gehören Lehrkräfte zu den Berufsgruppen mit überdurchschnittlich hohen Krankenständen. Die Ursachen sind vielfältig – allen voran die sogenannte Interaktionsarbeit, also die tägliche emotionale und kommunikative Auseinandersetzung mit Schülerinnen und Schülern. Belastende Arbeitsbedingungen – von Lärm über fehlende Rückzugsmöglichkeiten bis hin zu schlecht gestalteten Stundenplänen – tun ihr Übriges. Das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) bietet hier einen strukturierten Weg, um Gesundheit zu fördern und Beschäftigung zu sichern.
Gesetzlicher Rahmen und Zielsetzung
Bereits seit 2004 verpflichtet § 167 Abs. 2 SGB IX Arbeitgeber, ein BEM anzubieten, wenn Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen arbeitsunfähig waren. Ziel ist es, gemeinsam mit den Betroffenen nach Lösungen zu suchen, um Arbeitsunfähigkeit zu überwinden, erneuter Erkrankung vorzubeugen und den Arbeitsplatz zu erhalten. Anders als reine Krankenrückkehrgespräche ist das BEM ein kooperativer Suchprozess, der die Arbeitsbedingungen in den Mittelpunkt stellt – nicht die Diagnose.
Praxisbeispiele aus den Bundesländern
Zahlreiche Dienstvereinbarungen aus den Bundesländern zeigen, wie schulisches BEM gestaltet werden kann. Häufige Maßnahmen sind:
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Anpassungen bei Lehraufträgen (z. B. Verzicht auf bestimmte Fächer),
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günstige Stundenplangestaltung (z. B. Vermeidung später Nachmittagsstunden),
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Reduktion des Deputats,
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Ausnahmen von belastenden Tätigkeiten wie Aufsichtsdiensten.
Einige Bundesländer wie Rheinland-Pfalz sehen sogar jährliche Präventivgespräche in Bezug auf schwerbehinderte Lehrkräfte vor. Ziel dieses Präventivgesprächs ist es, gemeinsam zu erörtern, welche konkreten Maßnahmen erforderlich sind, um einen behinderungsgerechten Einsatz zu gewährleisten und die Arbeitsfähigkeit der betroffenen Lehrkraft zu erhalten.
Arbeitsschutz und Rehabilitation – zwei wichtige Säulen
Das BEM ist eng mit dem Arbeits- und Gesundheitsschutz verzahnt. In mehreren Ländern wird z. B. die Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung nach dem Arbeitsschutzgesetz ausdrücklich als mögliche BEM-Maßnahme genannt. Auch Rehabilitationsmaßnahmen und stufenweise Wiedereingliederung sind in vielen Vereinbarungen vorgesehen – inzwischen mit Rückhalt der Verwaltungsgerichte.
Teamarbeit, Datenschutz, Evaluation
Ein gelingendes BEM erfordert kompetente und vertrauenswürdige Akteurinnen: Lehrkräfte, Schulleitungen, Personalräte, Schwerbehindertenvertretung, ggf. Fachkräfte für Arbeitssicherheit, Betriebsärztinnen und externe Stellen wie Integrationsämter. Sensible Gesundheitsdaten sind streng geschützt – Diagnosen haben im BEM nichts verloren. In vielen Bundesländern ist eine klare Trennung zwischen Personal- und BEM-Akte geregelt.
Ein weiterer Erfolgsfaktor: Fortbildung. Nur wer BEM versteht, kann es auch wirksam gestalten. Einige Bundesländer bieten deshalb Schulungen für Schulleitungen und Fallmanager*innen an.
Fazit: Gesundheit als Teil der schulischen Infrastruktur
Trotz guter Konzepte hakt es vielerorts an der Umsetzung – nicht aus bösem Willen, sondern wegen fehlender Ressourcen. Die aktuelle Haushaltslage und Defizite bei der Umsetzung des Arbeitsschutzgesetzes bremsen den Fortschritt. Eine bayerische Studie zeigte jüngst: In über 90 % der untersuchten Schulen bestehen Mängel bei Lärm, Beleuchtung oder Barrierefreiheit. Hier kann das BEM helfen, den Finger in die Wunde zu legen und Veränderungsprozesse anzustoßen.
Schulisches BEM darf nicht als lästige Pflicht verstanden werden, sondern als Chance, Gesundheit systematisch zu stärken. Dafür braucht es nicht nur gute Vereinbarungen, sondern auch qualifizierte Personen, mutige Entscheidungen – und vor allem eine Kultur des Miteinanders.
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Vielleicht sollten es Streitparteien öfters mal mit Mediation versuchen. Ziel einer Mediation ist eine “win-win”-Lösung, bei der am Ende beide Streitparteien als Gewinner hervorgehen und eine eventuell langjährige Geschäftsbeziehung wertschätzend fortgesetzt werden kann.
In puncto gesunder Arbeitskultur bin ich deutschlandweit, insbesondere in Baden-Württemberg tätig, vor allem aber in den Orten Dornhan, Rottweil, Horb am Neckar, Villingen-Schwenningen, Nagold, Oberndorf am Neckar, Altensteig, Sulz am Neckar, Schramberg, Dunningen, Eutingen im Gäu, Empfingen, Fluorn-Winzeln, Waldachtal, Starzach, Pfalzgrafenweiler, Balingen, Haigerloch, Bondorf, Mössingen, Trossingen.